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Penny und der wahre Preis

Anfang August machte der Discounter Penny in Deutschland Schlagzeilen: Für eine Woche wurden bei neun Artikeln der Preis so angepasst, dass er die bei der Produktion entstehenden Kosten für Umweltschäden einbezieht. Die Meldung ging durch die Presse und schaffte es auch bis in die Tagesschau.

Handzettel von Penny, in denen der Discounter mit den wahren Kosten wirbt
Handzettel von Penny. Auf der einen Seite geht es um wahre Kosten, auf der anderen Seite um das Versprechen günstiger Preise.

In der Folge wurden Maasdamer-Käse fast doppelt so teuer (+94%) und auch Wiener Würstchen kosteten deutlich mehr (+88%), während für das vegane Schnitzel nur geringfüg mehr verlangt wurde als zuvor (+5%). Die entstandenen Einnahmen will Penny an die Initiative Zukunftsbauern spenden. Für die Berechnung der Umweltfolgekosten hatte Penny mit Forschenden der TH Nürnberg und der Universität Greifswald zusammengearbeitet.

Wir finden:

  • Natürlich ist die Aktion symbolisch und zielt auf Öffentlichkeitswirkung, nicht auf einen dauerhaften Wandel: Es geht um neun von mehr als 3000 Artikeln und es geht um eine einzelne Woche im August.
  • Aber: Die Aktion zeigt aus unserer Sicht sehr gut auf, dass es ein systemisches Problem gibt, weil der Preis eben normalerweise nicht die wahren Umweltfolgekosten der Lebensmittel abbildet. Das Bewusstsein in diesem Bereich zu schärfen - und sei es durch eine symbolische Aktion - ist daher gut und richtig.
  • Wenn Penny auf der gleichen Seite im Prospekt mit Rabatten für Fruchtjoghurt und Hähnchenschnitzel wirbt, mag man das unglücklich finden. Gleichzeitig zeigt es aber auch, in welchen wirtschaftlichen Zwängen sich Penny befindet: Natürlich wurde der Discounter nicht über Nacht zum Öko-Heiligen.
  • Aber: Auch die Schaffung von öffentlichem Bewusstsein ist ein Baustein zur Lösung dieses systemischen Problems. Dass die Preise die wahren Kosten widerspiegeln, ist eine politische Frage und nicht in der Verantwortung von Penny oder von einzelnen Verbraucherinnen und Verbrauchern, die diese Produkte kaufen. Es gibt dazu bereits Vorschläge, zum Beispiel von Greenpeace, die eine höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte und gleichzeitig eine komplette Abschaffung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse fordern (Quelle).
  • Insgesamt finden wir den Schritt von Penny mutig, gerade in der aufgeheizten politischen Debatte, wo etwa die Proteste der “Letzten Generation” kritisiert und kriminalisiert werden.
  • Die Aktion ist nur ein erster Schritt und der wirkliche Erfolg liegt darin, dass wir systematisch die Umweltfolgekosten unserer Ernährung und unserer Konsumentscheidungen im Preis abbilden - nicht als einmalige freiwillige Aktion eines Händlers, sondern dauerhaft, verpflichtend und flächendeckend. Und das geht nur über Gesetze und politische Entscheidungen.
Zwei Paar Hände halten eine Schüssel Tomaten
Der wahre Preis sollte keine einmalige und freiwillige Aktion sein, sondern eine dauerhafte, flächendeckende und verpflichtende Veränderung. Foto von Elaine Casap

Übrigens: Kurz nach der Ankündigung von Penny gab es eine Umfrage des Marktforschungs-Instituts YouGov, das Verbraucherinnen und Verbraucher fragte, ob sie planen, die Penny-Aktion durch den Kauf von Produkten zu unterstützen (Ergebnis bei YouGov). In den Medien wurde häufig die Zahl zitiert, dass “nur 16%” der Befragten dies planen. Aber:

  1. Wenn tatsächlich 16% der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ein solches Produkt kaufen würden, wäre das ein riesiger Erfolg und wir würden von mehr als zwölf Millionen Menschen sprechen! Wieso das zum Beispiel für die FAZ “nur wenige Verbraucher” oder für den MDR “nur 16%” sind, verstehen wir nicht (FAZ, MDR).
  2. Die 16% lassen außen vor, dass 30% der Befragten bei YouGov angaben, nicht in der Nähe einer Penny-Filiale zu wohnen. Diese Befragten sagten also gar nicht, ob sie diese Aktion unterstützen oder nicht. Wenn man diese 30% der Befragten herausrechnet, dann geben rund 23% der Befragten an, die Aktion durch den Kauf von Produkten unterstützen zu wollen (unter jenen, die im Umkreis einer Penny-Filiale wohnen).
  3. Die Unterstützung ist sehr stark abhängig vom Alter der Befragten: Bei den Personen zwischen 18 und 24 Jahren sind die “Ja”- und “Nein”-Anteile fast gleich verteilt, während die Aktion vor allem bei Befragten im Alter von 55+ Jahren tatsächlich kaum Unterstützung genießt.

Die folgende Abbildung zeigt die Anteile, wenn man die Antworten derer herausrechnet, die nicht in der Nähe einer Penny-Filiale wohnen:

Daten: YouGov, 31.7.2023, Anteile neu berechnet exkl. der Befragten, die angaben, nicht im Einzugsgebiet einer Penny-Filiale zu wohnen (30% der Gesamtstichprobe)